eerah – Comedown

Die in Wien lebende Band eerah schreibt Songs, die sich wie klangfarbige Kaleidoskope öffnen. Ein bewusstes Sich-Zeit-Nehmen und Abtauchen. Ein sich verlieren in einer Welt, in der es nur um den Gewinn an sich geht. eerah haben sich Zeit gelassen haben für ihr Debütalbum, nach einer Debüt EP Narrow 2019, und lassen sich Zeit auf ihrem Debüt-Album. Songs, die die Vielminütigkeit und den geduldigen Songaufbau von Pink Floyd als Grundgerüst haben. Alle Instrumente lassen einander Raum, spielen sich nicht gegenüber anderen in den Vordergrund, immer songdienlich und ergeben in Summe die „Klangwolke“ eerah. Ein sehr demokratischer und organischer und eigener Sound den eerah kreiieren.

eerah

Eerah sind Julia Fessler (gesang, gitarre), Ingo Geiger (gesang, gitarre), Philipp Fischer (gitarre), Max Kadlec (schlagzeug) und Nikolai Nordmann (bass + synth). Die Bandmitglieder von eerah ergänzen sich behutsam mit ihren Parts und überfrachten die Songs nie. Denn die Momente in denen wenig gespielt wird sind genauso relevant und fördern die entspannende Wirkung und den Stressabbau, wodurch eerah paradoxerweise auch zu ihrem eigenen Sound finden während sie gar nicht spielen, sondern mehr zurückhalten, loslassen, klingenlassen.

Der Wechselgesang von Ingo Geiger und Julia Fessler spendet Abwechslung und Lebhaftigkeit. Als kleinen Bonus gibt es heulende Sympathy for the Devil-artige backing vocals in Comedown. Die Synthesizer werden von Julia Fessler vielfältig eingesetzt: mal flirrend, mal proggig mit Tiefenwirkung wie in High Spirits. Auch die 80er klingen hier und da durch. Eerah Lead-Gitarrist Philipp spielt oft mit Hall und Delay in die Gesangspausen. Im Bodenverlieren und Loslassen gelingt eerah die Himmelsfindung – „viel häufiger fallen wir hinauf“, meinte schon André Heller. Eine wichtige Rolle nimmt der Bass ein. Er umrahmt mit stilprägenden Sgt. Peppers-typischen Bassläufen das Klangbild, das die Freigeister von eerah zaubern, und hält sie davon ab aus dem Rahmen zu fallen.

Pink Floyd und Mazzy Star

Von der Grundinspiration der vielminütigen Songs Pink Floyds inspiriert sind es Songs, meist jenseits der 5-Minuten-Marke – sie wurden in einem natürlichen Prozess länger und länger. Einer dieser Songs High Spirits ist eine enorme Verneigung vor den Wish You Were Here-Album Songs Pink Floyds. Als Zentrumsstück der Platte für ein längeres Luftrausnehmen und Innehalten passend gewählt.

Weitere musikalische Himmel wie das von Mazzy Star Song „Blue Light“ inspirierte „Narrow“ im 6/8 Takt mit präsentem Gesang tun sich beim Hören auf. Der Song 2017 schreibt sich in seiner Wellenartigkeit und Intensität und raumgreifenden Kühle den Post-Rock auf die Hall-Fahne, bindet aber auch proggige Elemente ein. In Happier scheint das Schlagzeugspiel der proggigen Geneseis durchzuschlagen. Und Brian Jonestown Massacre und 60er orgel-Anklänge finden sich in Expectations.

Musik an den Rändern der Zeit

Bei der Musik eerahs geht es um das Sein und den Moment. Das Abtauchen aus dem wogenden Weltgeschehen. Eerah musizieren an den Rändern der Zeit. Lange wirkte eerahs Musik als Gegenpol zur hektischen Welt in der wir leben. 2019 wirkte eerahs Musik wie aus der modernen Welt gefallen, 2020 fiel die Welt aus der Moderne. Es ist immer interessant wie Musik altert oder sich verändert. Die Songs von eerah passten als Soundtrack perfekt in das Pandemie-Zeitbefinden zwischen Entschleunigung der Gesellschaft und verschobenen Realitäten und gewannen in dieser Zeit an Prägnanz.

Mit den 8 Songs wirkt die Band auch der Gefahr entgegen, sich zu viel Zeit zu lassen oder nicht auf den Punkt zu kommen. Zeit diese Platte zu hören, ist gut investiert. Für manche ist das Entschleunigende vielleicht zu ruhig. Allerdings ist es genau jenes, das eerahs Musik ausmacht – das zentrale Charakteristikum das eerahs Musik zum Unikat macht. In der zweiten Hälfte findet das Album die Balance zwischen ruhigen und stürmischen Passagen, auch im dirigierenden Schlagzeugspiel. Die Albumform wird merklich geschätzt und ihr wird in der wohlüberlegten Abfolge der Songs, die wie in einem Guss in einander übergeht, Rechnung getragen.

Alles in allem ist Comedown von eerah vielfältig in seinen Einflüssen, hat eine eigene Band-Identität im Sich-Zeit-lassen und Soundfinden im Wenigspielen. Manchmal noch etwas nah an den Sternen anderer vergangenen Bands – sodass vielleicht ein, zwei Songs sich sehr stark an früheren Band-Sternen orientieren. Der eigentliche Trumpf dieses Debüt-Albums ist aber, dass eerah über die weitesten Strecken Comedowns ihre eigene, oft zurückgelehnte, kaleidoskopische und horizonterweiternde Soundvision zum Klingen bringen.

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