Like Elephants – Oneironaut

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Bloß hellwach auf der Matratze liegend an der Traumlandschaft kratzen, wie Der Nino aus Wien das erfolgsstrebende Künstlerdasein im Song Es Geht Immer ums Vollenden beschrieb, müssen die fünf Dream Pop-Mittzwanziger von Like Elephants aus dem oberösterreichischen Grieskirchen schon länger nicht mehr. Mit wachsendem Erfolg hieven sie ihre Träume nun schon auf große heimische Bühnen, schafften es ins Festivalprogramm des Wiener Popfests und des Ahoi! Pop Festivals in Linz, packten ihre Träume in ein Konzeptalbum und leben sie.

Oneironaut – „Traumseefahrer“, ist das Debüt- und Konzeptalbum betitelt und diesem Luzidtraum-Konzept folgen die Songstimmungen und die Texte, bis hin zu Liedtiteln und Albumcover. Like Elephants erschaffen sich auf Oneironaut ihre eigene Welt. Ein Album wieder als Reise und als Gesamtkunstwerk genießen – eine Wohltat im heutigen schnelllebigen Musikdownloadzeitalter.

Nach einem kurzen Instrumentalstück mit anschwellendem, flirrendem Synthesizer als Opener hört man in Hear the Summer erstmals die ganze Band. Die fünfköpfigen Like Elephants setzen, ähnlich wie die New Wave/Dream Pop Band The Wake aus den 80ern, ebenfalls auf flächige Synthesizer, hallende Gitarren und eine unterkühlte Verträumtheit. Die hallgetränkten Vocals sind in typischer Shoegaze-Manier low im Mix und schweben mit der Musik in einer verregneten Melancholie-Wolke. Like Elephants sind also nicht nur von modernem Dream Pop, sondern, wie sie selbst betonen, auch stark vom New Wave und Shoegaze beeinflusst. Neben Hall- wurden auch Echo- und Choruseffekte bei der Produktion großgeschrieben. Man klingt auch ein wenig wie eine vom weiten Synthesizermeer wunderbar verwaschene Version der Beach Fossils.

In Red Socks Penguin schillern beide Gitarren in hallender Harmonie. Wie in vielen Songs des Albums werden auf der Gitarre Akkordzerlegungsmuster wiederholt, sodass die Noten, die auf die Betonungen des Taktes fallen, wechseln und wiederkehren, bis der Hörer in einen hypnotischen Traumzustand verfallen ist. Der dadurch extrem lose Song wird in den Strophen von der in Franz Ferdinand-Manier streng im Takt marschierenden Maschinerie aus Bass und Schlagzeug  zusammengehalten.

Wie bei so vielen Dream Pop und Shoegaze Bands sind Träume und das Abtauchen auch dominierendes Thema in den Texten und bilden so mit der Musik eine entrückte Einheit. „Is this a daydream?“ fragt man sich in Daydream und malt die Szenerie aus („we walk to the riverside of love“). Die Texte sind also weitaus überlegter als bloß funktionserfüllend mit der Musik dahinschwebend. In Forest stand der Text sogar vor der Musik am Papier. „here I am so small / but I can feel so tall“ heißt es in der ersten Singleauskoppelung – die Inspiration überkam Sänger Viktor Koch umringt von himmelhohen Bäumen im Wald. Der letzte Track Wake Up schwemmt den traumversunkenen Hörer zurück ans Ufer der Realität. Und es war ein wunderbarer Traum.

Oneironaut ist ein sehr eigenständiges Debüt und wirkt trotz der vielen Effekte nicht überfrachtet. Und österreichischer Dream Pop – neben den shoegazelastigeren Wienern von Snoww Crystal und den moderneren Träumern von Contrails – eher eine Ausnahmeerscheinung. Auch daher bleibt zu wünschen dass die aus Grieskirchen verträumt in die weite Welt stampfenden Elefanten ihren Weg konsequent weiterstampfen.

Musik für Tagträumer und alle, die es noch werden wollen.

[Release: 7.4.2016]

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