Der Nino aus Wien im Museumsquartier: Das Bild, in dem jeder Strich gemeint ist

„Aber hinter dir und vor dir doch am meisten noch daneben / steht der Himmel stehn die Wolken steht die Stadt nur deinetwegen / still versäume nicht zu sagen was dir wirklich viel bedeutet / es gibt Menschen es gibt Freunde aber meistens sind es Leute“

Menschen, Freunde, Leute – die ganze Stadt, so schien es, zog es an diesem lauen Sommerabend des dreißigsten Augusts ins hippe Museumsquartier im hippen siebten Bezirk, um den Liedern und Texten vom bedeutendsten und leiwandsten modernen Wiener Songpoeten, dem Nino aus Wien, zu lauschen. Wie er nach vier Alben einem Doppelalbum und zwei EPs vom Songwriterhimmel herab eine beeindruckende Best of darbot. Einzig die Wolken vermisste man. Oder eigentlich auch nicht.

Applaus brandete in der offenen Sommerfestung des Museumsquartiers auf. Nino Mandl schüttelte seinen bekannten Menschen, Freunden und Leuten die Hand und schlenderte mit Band in gewohnt lässiger Manier auf die kleine, aber doch recht feine Bühne im Hof des Museumsquartiers. Abtauen Girl als Opener sollte das Eis brechen und die Stimmung schmelzen, doch die Anlage ließ das Publikum im teilnahmslosen, starr verfrorenen Schockzustand.

Erst nach der Hälfte des Openers sprang die PA Anlage an, die Musik schwall zeitgleich mit einem ebenfalls kräftiger werdenden Applaus an. Das Publikum taute auf. Der Tontechniker, der sich mit iPad Kontrolle ein wenig frustriert auf Suche nach einer guten Position durch die Menge wand und hektisch an den Tonreglern am iPad herumwischte, entschuldigte sich noch einmal bei den Konzertteilnehmern im Umkreis für die kleine Panne. Dann ging es ganz pannenfrei mit seinem Mundart Durchbruchhit Du Oasch weiter.

——————Der Nino aus Wien am 30.8.2016 im Hof des MQ—————–

Weitere Fixpunkte in der Setlist waren die schillernde Klavierballade Plurabelle, das blitzschnelle Urwerk, das in die Sommerjahreszeit passende Holidays und Schlagoberskoch. Ein neues Album wird im Frühjahr kommen, nahm er vorweg und ein anderes aber schon im Herbst. Er wird damit seine unerschöpfliche kreative Produktivität wohl prolongieren und kündigte auch gleich eine Fortsetzung des Schlagoberskochlieds für das neue Album an.

Ein besonderes Highlight des Konzerts war die ins Wienerische umgeschriebene Version von Bob Dylans Simple Twist of Fate von Blood on the Tracks. So wird beispielsweise„the old canal“ an dem die Protagonisten im Dylan-Song entlangwandern zum Wiener Donaukanal.

Das Publikum: Jung und Alt, fm4 und Ö1, Indie und Austropop – Ninos erfrischende Texte sprechen alle an. Eine große Zahl an Leuten hatte sich sitzend vor der Bühne versammelt, der Rest stand und bildete einen Halbmond um die Sitzenden.

Die Stimmung erreichte dann zum Praterlied den Höhepunkt. Das Lied über den zweiten Bezirk, das Leben zwischen Praterstern, Nah und Frisch-Lebensmittelkette und Café Dezentral ließ die vor der Bühne sitzende Menge aufstehn und beschwingt das Tanzbein schwingen.

—————–Der Nino aus Wien am 30.8.2016 im Hof des MQ——————

Der Spätabend war eingekehrt, die Bühne erleuchtete die Gebäude des MQ, welche in den Nachthimmel ragten und eine eindrucksvolle Kulisse ergaben. Das schunkelnde Schlusslied vom Vergessen wichtiger Dinge wie des Kapodasters und der Frage ob es die Klara aus dem Lied Du Oasch wirklich gibt, schloss dann das erste Set.

Nach einer kurzen Pause kehrte Nino dann zurück auf die Bühne zu seiner Band, die bereits mit punkigen Ramones Klängen den Song Johnny Ramone anstimmte. „Der Untergang vom Ku Klux Klan das war der Tod von Johnny Ramone“, skandiert er wiederholt. Die Ramones, neben den Beatles und Syd Barrett seine verehrten Helden, bei denen er sich im Booklet seines Debüts The Ocelot Show im Booklet bedankt.

Zu guter Letzt packte er sein lyrisches Meisterwerk über das Künstlerdasein – Es geht immer ums Vollenden – aus. Die Zeilen „Im Museum siehst du das Bild in dem mehreres vereint ist / in dem jeder Strich gemeint ist und nichts einzelnes allein ist / und es fließt alles zusammen und erzeugt ein Feuerwerk / aus der Arbeit der Gedanken und der Farbe die sie färbt“, nahmen an diesem Abend im Museumsquartier eine größere Bedeutung an. Doch vollendet war der Auftritt noch nicht.

Zu einem besonders gelungenen Konzert gehört ja bekanntermaßen oft auch ein Cover und diesmal wurden es, zusammen mit dem im ersten Set interpretierten Dylan-Song, sogar zwei. Als das Publikum schon den Heimweg antreten wollte, gab Nino noch seine Version von Du Schwoarzer Afghane von Wolfgang Ambros zum Besten. „Ganz Wien storniert den Wein / und raucht sich nur mehr ein“, und auch über dem MQ grassierte an diesem Sommerabend eine vernebelte Brise lyrischer Glückseligkeit.

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Der Nino aus Wien, hier eine Woche später beim Volksstimmefest im Prater
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